Burgwärterhäuschen
Das „Hexenhäuschen“ von Aschersleben
Ende 1906 wurde das Burgwärterhaus auf der Alten Burg errichtet
„Antrag auf Errichtung eines Wärterhauses auf der alten Burg“ - so lautete der Tagesordnungspunkt 6 in der öffentlichen Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 10. August 1906 „nachmittags 4 Uhr“. „Das gegenwärtig in den Burganlagen vorhandene alte Häuschen ist ein kellerartiger Bau, der zum Aufenthalt für Menschen kaum dienen kann. Es sollte hier auf jeden Fall Abhülfe eintreten. Der Magistrat schlägt vor, die Kellermauern mit Fachwerk zu übersetzen und dann die oberen Räume wohnlich herzustellen, während dann der Keller zur Aufbewahrung von Gerätschaften dienen könnte. Das Ganze soll dann einen Schmuck für die Anlagen bilden. Ein Kostenanschlag, der für den Bau 550 Mark fordert, liegt vor.“ Während der Stadtverordnete Büchler (Bankier, F.R.) den Antrag als Referent befürwortete, entgegnete in der anschließenden Diskussion der Stadtverordnete Kersten (Kaufmann, F.R.): „Das Wärterhaus dürfte wohl auch in seinem jetzigen Zustande noch genügen, denn es ist nicht dazu vorhanden, dem Wärter längeren Aufenthalt zu bieten. Er soll es nur bei Regen aufsuchen und sich sonst in den Anlagen aufhalten.“ Worauf der Stadtverordnete Greiner (Konzipient, F.R.) erwiderte: „Es entspricht der Billigkeit, dass dieses Häuschen in einen wohnlichen Zustand versetzt wird.“ Die Versammlung nahm den Antrag an und beschloss: „Zur Errichtung eines neuen Wärterhauses auf der alten Burg an Stelle des dort in einem schlechten baulichen Zustande befindlichen, werden die erforderlichen Mittel bis zum Betrage von 550 Mk bewilligt. pp. gez. Otto Bestehorn. A Drosihn. Ludewig. G. Lebenstedt.“
Bereits im Oktober 1905 war durch die Stadtverwaltung festgestellt worden, dass das bisherige Burgwärterhaus auf der Alten Burg „feucht“ und „in der Bedachung baufällig“ sei, „so dass für einen Aufenthaltsraum für den Wärter gesorgt werden muss.“ Dazu wurde ein Projekt vorgelegt, um diesen Aufenthaltsraum durch einen „Aufsatz auf das jetzige Häuschen herzustellen“.
Am 22. Dezember 1906 schließlich wurde durch die örtliche Polizei-Verwaltung der „Bauerlaubnis-Schein“ ausgestellt: „Dem Magistrat wird zu der Ausführung eines Wärterhäuschens in den Anlagen auf der alten Burg nach Maßgabe der vorgelegten Zeichnungen und Beschreibungen hiermit nachträglich (handschriftlich eingefügt, F.R.) die nachgesuchte polizeilichen Genehmigung erteilt unter der Bedingung, dass die Vorschriften der Bau-Polizei-Ordnung vom 23. November 1893 genau beobachtet werden.“ Die Rohbauabnahme des neuen Burgwärterhauses durch die Polizeiverwaltung erfolgte am 7. Januar 1907. Gleichzeitig wurde die polizeiliche Erlaubnis zur Benutzung des Gebäudes erteilt.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war das Häuschen noch in seiner eigentlichen Funktion in Betrieb. Jahrzehntelang ein beliebtes Ausflugsziel und Postkarten-/Fotomotiv befand sich das Burgwärterhaus ab 1973 auf dem Gelände des auf der Alten Burg eingerichteten neuen Tierparks von Aschersleben.
2004 wurde im Burgwärterhaus durch die IG Bau- und Stadtgeschichte im Kulturkreis „Adam Olearius“ e. V. eine Ausstellung eingerichtet, die über Bedeutung und Geschichte und die Alte Burg informierte.
Nachdem das Burgwärterhaus jahrelang ein „Schattendasein“ führte und die Ausstellung nicht mehr zugänglich war, nahm sich im Jahr 2012 der wiedergegründete Verschönerungsverein Aschersleben e. V. des von Anfang an im Volksmund „Hexenhäuschen“ genannten Burgwärterhauses an. Nach umfassender äußerer Restaurierung präsentierte es sich am 14. Oktober 2012 wieder in alter Schönheit. Eine Informationstafel informiert seither die Besucher des Zoos über die Geschichte des 1907 seiner Bestimmung übergebenen Burgwärterhauses.
Nachdem auch die Treppe wieder instandgesetzt wurde, konnte am 1. Mai 2013 im sanierten Ausstellungsraum des Burgwärterhäuschens eine neue Ausstellung zur Gestaltung der Burganlagen und zur Geschichte der Alten Burg sowie zur Entstehung und Entwicklung dieses Häuschens eröffnet werden. Die neuen Ausstellungstafeln waren durch die Geschichtswerkstatt Aschersleben der Kreisvolkshochschule Salzlandkreis und die IG Bau- und Stadtgeschichte im Auftrag des Verschönerungsvereins erneuert und aktualisiert worden.
Im Rahmen des Zoofestes fand am 1. Mai 2016 die offizielle Übergabe des restaurierten und umgesetzten Jugendstilbrunnens neben dem Burgwärterhaus statt. Damit war das 2012 begonnene Projekt des Verschönerungsvereins Aschersleben e. V. „Restaurierung des ehemaligen Burgwärterhäuschens, des Jugendstilbrunnens sowie die Neugestaltung des Umfeldes“ abgeschlossen.
von Frank Reisberg